Umfassende Adipositastherapie und hochspezialisierte Medizin
In der Schweiz leiden knapp 15 Prozent der Bevölkerung an Adipositas, also starkem Übergewicht.
von Dr. med. Thomas Köstler
Das heisst, sie haben einen sogenannten Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Der BMI beschreibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergrösse. Einerseits verursachen die verschiedenen Begleiterkrankungen
Folgekosten von jährlich mehreren Milliarden Franken. Andererseits führen sie bei den betroffenen Personen zu einem merklichen Abfall ihrer Lebensqualität.
Adipositaszentrum Limmattal
Viele unserer Patientinnen und Patienten kommen nach einem längeren Leidensweg zu uns. Sie haben beispielsweise bereits mehrere erfolglose Diäten mit Jo-Jo-Effekt hinter sich und suchen nun professionelle Unterstützung
für eine bleibende Gewichtsreduktion. Diese «Spirale in den Misserfolg »wirdunterstützt durch die zahlreichen in- und ausländischen medizinischen und paramedizinischen Plattformen, die kostenintensive Adipositas-therapien anbieten und dabei schnelle, beinahe unmittelbare Erfolge versprechen. Die langfristige Wirksamkeit dieser Behandlungen ist jedoch nicht belegt. Ebenso unseriös einzustufen sind operative Therapien, die auf Social-Media-Kanälen in Kliniken ausserhalb Europas beworben werden. Oftmals ist dort die operative und medizinische Qualität schlichtweg ungenügend.
Das Adipositaszentrum Limmattal ist Anlaufstelle sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Hausärztinnen und -ärzte. Wir bieten umfassende interdisziplinäre Behandlungsformen gegen die Adipositas. Dazu gehören nicht nur operative, sondern genauso ernährungspsychologische, medikamentöse oder endoskopische Therapien. Unser Team arbeitet über alle Fachbereiche hinweg sehr eng zusammen. Unsere Therapien basieren alle
auf wissenschaftlich nachgewiesenen Wirksamkeiten und werden immer individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Patientinnen und Patienten abgestimmt.
HSM am Limmi
Das Adipositaszentrum Limmattal ist seit Jahrzehnten eine der führenden Kliniken im Bereich der sogenannten bariatrischen Chirurgie (= Behandlung der Adipositas mittels Operation). Bezüglich operativer Fallzahlen gehört es seit mehr als acht Jahren zu den Top-3-Kliniken, seit fünf Jahren sogar zu den Top-2-Kliniken in der Schweiz. Die operative Therapie der schweren Adipositas (ab BMI >50) sowie Revisionseingriffe zählen zu den komplexen
bariatrischen Eingriffen in der hochspezialisierten Medizin (HSM). Im Sommer diesen Jahres konnte unser Adipositaszentrum den interkantonalen Leistungsauftrag zur Durchführung ebendieser Eingriffe ohne Auflagen für weitere sechs Jahre verlängern. Was bedeutet, dass im Limmattal weiterhin ein Kompetenzzentrum besteht, das sämtliche bariatrischen Operationen durchführt, auch komplexe Revisionseingriffe bei Komplikationen oder
bei einem Wiederanstieg des Gewichts trotz einer vor vielen Jahren erfolgten bariatrischen Operation.
Operative Behandlung
Operative Therapien sind nach wie vor die langfristig effizientesten Behandlungsmethoden bei schwerer Adipositas mit einem BMI über 35. Die häufigsten Methoden sind der Magenbypass sowie der Magenschlauch.
Der Gewichtsverlust nach einemklassischemRY-oder«Mini»-Magenbypass beträgt nach fünf Jahren 30 bis 35 Prozent, 20 Jahre nach der Operation immer noch zirka 25 bis 30 Prozent. Das Operationsrisiko ist heutzutage
anspezialisiertenZentrenmithohen Fallzahlen ausserordentlich klein. Alle Arten von MMagenbypässen sind zudem reversibel, können also wieder rückgängig gemacht werden.
Beim Magenschlauch (Gastric Sleeve) wird ein Teil des Magens entfernt. Wir erzielen Gewichtsreduktionen von 20 bis 25 Prozent nach 10 Jahren ab Eingriff. Die Reoperationsrate beträgt zirka 30 Prozent. Grund ist meist ein Wiederanstieg des Gewichts und nur selten der oftmals befürchtete Reflux (Sodbrennen). Vorteile des Magenschlauchs sind ein extrem kleines Operationsrisiko und sehr wenige operationstechnische Akutprobleme im Langzeitverlauf. Er kann im Vergleich zum Bypass nicht rückgängig gemacht werden.
Medikamentöse Behandlung
Je nach Fall ist nicht immer eine Operation notwendig. Mit Medikamenten wie beispielsweise Ozempic kann unter strengen Studienbedingungen sowie in Kombination mit einer Diät nach einem Jahr eine Gewichtsreduktion
von 10 bis 15 Prozent erzielt werden. Bei Diabetes-Erkrankten übernimmt die Krankenkasse die Behandlungskosten. Unter reellen Alltagsbedingungen beträgt die durchschnittliche Gewichtsreduktion noch rund fünf Prozent:
Es hat sich gezeigt, dass die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen, Kosten oder dem Nichteinhalten der Begleitdiät häufig abgebrochen wird.
Das Medikament Saxenda, das von den Kassen ab einem BMI von 28 für eine Therapiedauer von drei Jahren bezahlt wird, erreicht ähnliche Resultate. Für die besagten Medikament liegen noch keine publizierten Langzeitresultate vor. Unsere Erfahrungen und erste Studien zeigen, dass bei vielen Patientinnen und Patienten nach dem Absetzen der Medikamente das Gewicht wieder stark ansteigt, weshalb eine solche Therapie üblicherweise lebenslang
durchgeführt wird. Ähnliche, neuere Medikamente, wie beispielsweise Wegovy oder Tirzepatide, versprechen bessere Kurzzeitresultate – mit 15 bis 20 Prozent durchschnittlichem Gewichtsverlust nach einem Jahr. Auch hier fehlen zurzeit noch die relevanten Langzeitresultate zu Wirksamkeit und Verträglichkeit.
Fazit
Die Therapie der Wahl bei schwerem Übergewicht mit einem BMI über 35 ist und bleibt zum jetzigen Zeitpunkt eine bariatrische Operation. Für Patientinnen und Patienten, die keine Operation vornehmen lassen möchten oder einen BMI um die 30 aufweisen, sind die oben erwähnten «Abnehmspritzen» eine gangbare Alternative. Vermehrt setzen auch wir die Medikamente in Kombination mit einer bariatrischen Operation ein, um so die langfristigen Resultate einer Operation weiter zu verbessern.
Die Basis einer erfolgreichen Adipositas-Therapie bleibt jedoch die langfristige ernährungspsychologische Betreuung der Patientinnen und Patienten. Die operativen und medikamentösen Therapien erzielen nur
dann gute langfristige Resultate, wenn Sie dauerhaft zu einer Reduktion der kalorienreichen Nahrungsaufnahme beitragen und die betroffenen Personen dauerhaft und vermehrt Sport oder Bewegung in ihren Alltag integrieren.
Dieser Artikel wurde am 26. September 2023 in der Limmattaler Zeitung publiziert.
Autor
Dr. med. Thomas Köstler
Leiter Adipositaszentrum Limmattal
Adipositaszentrum Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren