Operative Therapie| 14.06.2021

Operations-Tourismus – Chancen oder Gefahren?

Zunehmend werden wir als Adipositas-Ärzte mit dem Phänomen des «Operations-Tourismus» konfrontiert.

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von Dr. med. Thomas Köstler

Die Digitalisierung erlaubt es vor allem Medizinern und Institutionen aus «Niedriglohnländern», ihre medizinischen Leistungen und Angebote für Menschen aus Ländern mit höherem Lohnniveau schmackhaft zu machen. Generell ist dagegen nichts einzuwenden, wenn denn die Therapien auch nach wissenschaftlichen Standards und mit hoher Qualität durchgeführt werden können, und die Betroffenen keine Nachteile und Folgeschäden davontragen. Bis anhin wurden vor allem Operationen aus dem plastischen Bereich (Schönheitsoperationen) zu tiefen Preisen in gewissen Ländern angeboten. Wir beobachten aber zunehmend den Trend, dass sich auch Patienten und Patientinnen mit Adipositas im Ausland operieren lassen. Dabei ist vor allem die Magenverkleinerung hoch im Trend und wird dort zu entsprechenden Preisen angeboten. Selbstverständlich ist die Magenverkleinerung (Gastric Sleeve) eine sehr gute Operation zur Gewichtsreduktion, wenn die Indikation korrekt, die technische Durchführung einwandfrei und auch die Nachsorge garantiert ist. Wir haben allerdings offensichtliche Mängel bei einigen unserer Patientinnen und Patienten, die sich beispielsweise in der Türkei haben operieren lassen, festgestellt. Damit werden wir immer häufiger konfrontiert.

In der Schweiz werden bariatrische Eingriffe ab einem BMI von 35, bei einer schweren Zuckerkrankheit sogar manchmal ab einem BMI von 30, von den Krankenkassen übernommen. Voraussetzung ist, dass keine Kontraindikationen vorhanden sind. Wir evaluieren jede Patientin und jeden Patienten mit einem interdisziplinären Team aus Spezialisten, ob er oder sie für einen bariatrischen Eingriff geeignet ist. Unsere medizinische Fachgesellschaft (SMOB) gibt klar vor, wie diese Abklärungen nach wissenschaftlichem Standard zu erfolgen haben, damit eine hohe Sicherheit und Ergebnisqualität der Operationen erzielt werden können. Die Abklärungen dienen auch zur Evaluation, welcher Eingriff für welche Patientin und welchen Patienten empfohlen werden kann.

Hier bestehen deutliche Mängel bei gewissen Kliniken im Ausland, die mit marginalen Abklärungen die Operationsindikation stellen und absolut undifferenziert immer den gleichen Eingriff, nämlich die Magenverkleinerung, empfehlen und durchführen. Diese Taktik hat ökonomische Gründe. Die Gastric Sleeve Operation (Magenverkleinerung) lässt sich mit einem geringen «Materialverbrauch» als beispielsweise die Magenbypass Operation durchführen, vor allem dann, wenn ein Teil des Magens belassen wird (Antrum), was zu langfristigen Problemen führt. Genau solche «technischen Abkürzungen» beobachten wir in letzter Zeit häufiger. Die Magenbypass-Operation stellt höhere Ansprüche an die Ausbildung und an das technische Know-how des Chirurgen und des ganzen Operationsteams. Zudem sind die Nachkontrollen medizinisch herausfordernder.

Da einige Teams in besagten Kliniken weder die individuellen technischen Fähigkeiten haben, eine solche Operation (Magenbypass) einwandfrei und komplikationsarm durchzuführen, noch eine komplexere Nachkontrolle garantieren können oder wollen, wird dort der Magenbypass weder angeboten noch durchgeführt. In der Schweiz sind alle bariatrischen Kliniken einer Qualitätskontrolle der Fachgesellschaft unterzogen. Die Erteilung eines «Leistungsauftrages» von Seiten der Kantone und der interkantonalen «Organisationen» erfolgt nach qualitativen und strukturellen Vorgaben, die die Kliniken erfüllen müssen. Nur so kann eine sichere, komplikationsarme und nachhaltige medizinische Leistung mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht werden.

Die Qualitätsanforderungen einiger Kliniken im Ausland sind intransparent ausgewiesen und sind selbst für uns als Fachleute häufig nicht erkennbar. Natürlich gibt es auch exzellente Kliniken und Ärzte in "Niedriglohnländern", sofern dort die medizinischen Standards in Sachen Abklärung, Evaluation, technischer Durchführung und Nachsorge eingehalten werden können. Eine Operation, wie der Gastric Sleeve (Magenverkleinerung), die auf Internetportalen und Homepages zu «Billigpreisen» in gewissen Ländern angeboten werden, sollte allerdings zu kritischer Vorsicht mahnen.

Ein Artikel von Dr. med. Thomas Köstler, Leiter Adipositaszentrum Limmattal.

Autor
Dr. med. Thomas Köstler
Leiter Adipositaszentrum Limmattal
Leitender Arzt Klinik für Allgemein-, Gefäss- & Viszeralchirurgie

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