Adipositas in der Kindheit und ihre Ursachen
Adipositas im Kindesalter und ihre Ursachen sind in der Schweiz ein wichtiges Thema. Welche Faktoren tragen zur Fettleibigkeit bei Kindern bei?
von Med. pract. Jennifer Jörger
In der Schweiz sind 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig und 3 Prozent an Adipositas erkrankt (BAG; ETH-Studie 2017). Bei den Kindern ist die BMI-Kategorie durch die sogenannte Perzentile definiert. Ab einer Perzentile von 90 bis 97 spricht man von Übergewicht. Ab der 97. Perzentile liegt eine Adipositas vor, ab der 99.5 Perzentile eine extreme Adipositas. Studien haben gezeigt, dass Übergewicht vor allem in der Altersspanne zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr ein hohes Risiko für eine Adipositas im Erwachsenenalter darstellt (Geserick, Körner NEJM 2018).
Was sind nun mögliche Gründe für Adipositas bei Kindern? – Zum einen spielen psychosoziale und soziokulturelle Faktoren eine Rolle. Adipositas entsteht unter anderem durch ein Ungleichgewicht der Energiebilanz (Energieeinfuhr = Energieausfuhr) zu Ungunsten der Energieeinfuhr, welche unter anderem bedingt ist durch eine ungesunde Ernährungsweise (viel zuckerhaltige und fettige Speisen, Fastfood) und Bewegungsmangel.
Ebenso spielt der sozioökonomische Status eine Rolle. So konnte gezeigt werden, dass bei Kindern mit niedrigem sozioökonomischem Status ein 4.1- bis 4.4-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung von Adipositas besteht (Robert-Koch-Institut 2018).
Des Weiteren kommt der genetischen Prädisposition der Eltern eine grosse Wichtigkeit zu: Ist ein Elternteil adipös, so besteht für das Kind ein 50-prozentiges Risiko, sind beide Elternteile adipös, sogar ein 75-prozentiges Risiko, ebenfalls an Übergewicht zu erkranken.
Auch konnte gezeigt werden, dass eine bereits vor der Schwangerschaft bestehende Adipositas der Mutter oder aber eine exzessive Gewichtszunahme während der Schwangerschaft sowie die Ernährungsweise der Mutter Einfluss auf die fetale Programmierung und in der Folge Einfluss auf das Gewicht des Kindes haben. So erhöht beispielsweise eine exzessive Gewichtszunahme in der Schwangerschaft oder eine bereits vor der Schwangerschaft bestehende Adipositas das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes, was wiederum zu einer Makrosomie (Geburtsgewicht über 4'000 g) des Kindes führen kann und intrauterine (innerhalb der Gebärmutter) Effekte auf die Insulinkonzentration hat. Hierbei stellt das Vorliegen einer Adipositas oder Übergewicht bei der Mutter bereits vor der Schwangerschaft das grösste Risiko für die Entstehung von Übergewicht im Kindesalter dar (Leonard, Am J. Cin Nut 2017).
Rauchen während der Schwangerschaft sowie eine Stillzeit von weniger als einem Monat sind ebenfalls ein Risikofaktor.
In seltenen Fällen können auch genetische Erkrankungen wie zum Beispiel das Prader-Willi-Syndrom oder ebenfalls in seltenen Fällen hormonelle Störungen (unter anderem Cushing-Syndrom, Hypothyreose) ursächlich sein.
Autorin
Med. pract. Jennifer Jörger
Oberärztin i.V. Klinik für Allgemein-, Gefäss- & Viszeralchirurgie
Adipositaszentrum Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren