von Jsabella Zädow
Der Arbeitskollege feiert Geburtstag und bringt Kuchen für das ganze Team mit. Sie haben weder Hunger, noch gelüstet Sie die gekaufte Himbeerroulade, welche der Kollege am Vortag zum halben Preis im Supermarkt ergattert hat. Trotzdem nehmen Sie sich ein grosses Stück, um den netten Büronachbarn nicht vor den Kopf zu stossen und schon gar nicht unangenehm aufzufallen.
Ihre Grossmutter lebt ganz nach dem Motto «Liebe geht durch den Magen» und wann immer Sie sie besuchen, meint sie es besonders gut mit Ihnen. Sie kocht Ihr Lieblingsessen und davon gleich für eine ganze Fussballmannschaft, obwohl sie nur zu zweit am Tisch sitzen. Selbstverständlich schöpft sie Ihnen eine zweite und dann noch eine dritte Portion nach, unaufgefordert und ungeachtet dessen, dass Sie bereits nach dem ersten Nachschlag dankend zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie mehr als satt sind. Um Oma, die sich so viel Mühe gegeben hat, nicht zu kränken, ergeben Sie sich Ihrem Schicksal und essen brav auch noch den dritten Teller Rahmschnitzel mit Nudeln.
Kennen Sie eine oder beide der oben beschriebenen Situationen oder fallen Ihnen gar noch weitere ähnliche Beispiele aus Ihrem Alltag ein? Im gesellschaftlichen Miteinander geraten wir immer wieder in Situationen, in welchen wir den Erwartungen anderer ausgesetzt sind. Als soziale Wesen haben wir die Tendenz dazu, diesen Erwartungen nachzugeben, obwohl es uns damit nicht gut geht. Damit handeln wir entgegen unseren eigenen Bedürfnissen, stellen also die Erwartungen unserer Mitmenschen über unser eigenes Wohlbefinden.
Haben Sie Lust auf die Roulade und die zweite Portion Rahmschnitzel? Greifen Sie zu, geniessen Sie es. Möchten Sie stattdessen aber lieber nur ihre gewohnte Tasse Kaffee trinken oder es bei dem angenehmen Sättigungsgefühl nach der ersten Portion belassen? Freuen Sie sich darüber, dass Sie Ihre eigenen Bedürfnisse so gut wahrnehmen und handeln Sie danach. Lehnen Sie das Kuchenstück und den Nachschlag höflich dankend ab. Ihr Arbeitskollege und Ihre Oma werden das verkraften. Ganz bestimmt.
Ein Artikel von Jsabella Zädow, Dipl. Ernährungsberaterin FH, KEP - Kompetenzzentrum für Ernährungspsychologie.
Autorin
Jsabella Zädow
Dipl. Ernährungsberaterin FH
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